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Die Zukunft im Blick des Managers – Datenvisualisierung zwischen Big Data und Standardreporting (Teil 2)

Im ersten Teil dieses Artikels haben wir das Information Design für Standardreports in Excel, PowerPoint-Präsentationen oder Geschäftsberichte betrachtet. Wie aber sieht eine sinnvolle Visualisierung in einem Informationssystem oder für Big Data aus? Je nach Art, Struktur und Volumen der Daten und der Zielsetzung der Berichte und Analysen sind andere Visualisierungsformen notwendig. Im Big Data-Umfeld werden verstärkt neue Analyse- und Visualisierungstools entwickelt, die die Interaktion mit dem Analysten unterstützen und seine Fähigkeiten bewusst in die Informationsentdeckung einbeziehen.

Viele Unternehmen setzten heute Business Intelligence-Tools oder Data Warhouse-Systeme für die Integration und multidimensio-nale Analyse von Daten ein. Die Darstellung der Daten erfolgt bei diesen Tools in der Regel über automatisierte Standardreports, Ad-hoc-Abfragen der Power-User und Dashboards oder Cockpits für das Management. Diese Benutzerschnittstellen sind heute teils auch über mobile End­geräte verfügbar.

 

In Dashboards, Cockpits und mobilen Apps werden vorrangig

  • Balken-, Kuchen und Liniendiagramme
  • Ampeln
  • Thermometer und
  • Drehzahlmesser

zur Visualisierung der Informationen genutzt.

 

Für die Visualisierung gelten auch hier die Prinzipien des Information Design. Die Anforderungen an das Layout eines Diagramms ist unabhängig vom Medium – egal ob auf Papier oder am Bildschirm. Der wesentliche Unterschied liegt in der Nutzung der Daten durch den Adressaten. Er ist nicht mehr auf eine vorgegebene statische Darstellung beschränkt, sondern kann die Sicht auf die Daten seinen Frage­stellungen anpassen. Über die Auswahl anderer Betrachtungsdimensionen, Datenausschnitte oder Detail­lierungsstufen kann er frei in den Daten navigieren.

 

Die freie Navigation in den Daten ermöglicht einen deutlich höheren Informationsgewinn, aber erfordert auch ein anderes Vorgehen in der Visualisierung. Ben Shneiderman, ein Pionier der Datenvisualisierung, hat bereits in den 90er-Jahren folgende Grundsätze für die interaktive Datennutzung geprägt:

  • einen Überblick über alle Daten geben
  • Zoom- und Filter-Funktionalitäten anbieten
  • Details auf Anforderung detailliert darstellen

 

Ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Interaktion mit dem Nutzer ist die Anordnung der Inhalte und Naviga­tionselemente. Die Analyse der Daten zielt darauf, Vergleiche anzustellen und Ergebnisse zu erzielen. Das Reporting bzw. die Benutzerschnittstelle muss mehr liefern als nur die richtigen Kennzahlen, sondern auch Kennzahlen in Relation zu anderen Kennzahlen sinnvoll darstellen. Wichtig ist aber auch, dass Informa­tionen verständlich dargestellt und Fehlinterpretationen und Missverständnisse vermieden werden. Die Visualisierung soll einen Mehrwert für den Adressaten bieten; im Idealfall wird dem Nutzer eine Maß­nahme oder Handlung empfohlen.

 

Eine entsprechend optimierte Visualisierung setzt eine konsequente Ausrichtung der betrieblichen Infor­mationssysteme voraus. Im Idealfall existiert bereits ein Notationskonzept für das statische Information Design, das erweitert werden kann. Bereits verwendete Darstellungselemente erhalten ihr bekanntes Lay­out und entsprechen den Sehgewohnheiten der Nutzer. Neue Visualisierungs-elemente wie Tachometer oder Ampeln sind in kompatibler Form zu definieren. Beispielsweise sollte das bekannte Farbschema auch hier verwendet werden. Besondere Bedeutung kommt der Anordnung der Objekte, der Navigations­möglichkeiten und der möglichen Analysepfade zu.

 

Der Aufwand der Einführung eines derartigen Visualisierungskonzepts ist zwar nicht zu unterschätzen – schließlich muss das Konzept unternehmensweit abgestimmt und vermittelt werden – aber der Nutzen überwiegt. Die Adressaten können 

  • ohne großen Aufwand Trends erkennen,
  • neue Sachverhalte ableiten und
  • damit schneller und fundierter Entscheidungen fällen.

 

Visual Analytics – die Königsdisziplin der Datenvisualisierung

Die Menge der weltweit verfügbaren Daten wächst exponentiell (Volume). Gleichzeitig steigen die Geschwindigkeit der Datenent-stehung (Velocity) und die Vielfalt der Datenquellen und Formate (Variety). Diese Entwicklung wird unter dem Stichwort „Big Data“ zusammengefasst. Für die Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, in der Flut von digitalen Inhalten den Überblick zu behalten und Strukturen und Zusammenhänge zu erkennen.

 

Einerseits eröffnet Big Data vielfach den Zugang zu bislang nicht verfügbaren Daten. Es findet keine Datenauswertung im üblichen Sinne statt. Es werden keine bekannten Fragestellungen beantwortet, sondern die Daten werden quasi erforscht, um neue

Erkenntnisse zu gewinnen. Hier ist die visuelle Exploration der Daten durch den Nutzer besonders wertvoll. Er kann Daten anhand seines Wissens, seiner Intuition und seiner Erfahrungen „durchsuchen“.

 

Andererseits sind zunehmend Daten aus sehr heterogenen Quellen und polystrukturierte Datenbestände zu analysieren. Auch für diese Aufgaben werden geeignete Visualisierungstechniken und -tools benötigt. Es gilt nicht nur strukturierte Daten als Business-Grafik zu präsentieren, sondern z.B. auch Mustern in unstrukturierten Daten (z. B. Texten) zu finden.

 

Neue IT-Lösungen sollen Abhilfe schaffen. Sogenannte Visual-Analytics-Lösungen kombinieren die Stärken digitaler und mensch-licher Datenanalyse. Das Ziel ist nicht nur die Visualisierung von Informationen, sondern auch die Entdeckung von Prozessen und

Entwicklungen. Der Analyst bestimmt die Richtung der Analyse je nach Problemstellung. Visual Analytics-Tools unterstützen die interaktive Analyse durch geeig­nete Darstellungen wie Entscheidungsbäume oder hoch komplexe Darstellungsformen wie Heatmaps, Gantt-Diagramme, Treemaps oder Circos-Diagramme.

 

Die Fähigkeiten der menschlichen Analysten und Entscheidungsträger werden letztlich durch neuartige grafische Benutzerschnitt-stellen noch stärker in den Mittelpunkt gestellt. Dieser Ansatz stellt somit eine konsequente Weiterentwicklung der visuellen Unterstützung im Bereich der Business Intelligence-Tools dar und ist eng verbunden mit aktuellen Trends wie Smart Analytics, Predictive Analytics oder Big Data Analytics.

 

Visualisierungen für Big Data stellen völlig neue Anforderungen. Der in heute vorherrschenden Business Intelligence-Tools mit Dashboards und Ad hoc-Reporting geltende Grundsatz, dem Adressaten zunächst einen Gesamtüberblick zu vermitteln, ist hier unrealistisch. Es gibt keine Möglichkeit, auf dem Bildschirm mehr Informationen als Pixel darzustellen. Ab einem bestimmten Volumen müssen Daten verdichtet, gefil­tert oder vorverarbeitet werden, um eine Darstellung zu ermöglichen. Es geschieht folglich, bevor der Benutzer mit den Daten in Berührung kommt. In der Datenexploration soll jedoch der Nutzer mit seinem Wissen einge-bunden werden. Nur er kann sinnvoll bestimmen, wie gefiltert, ausgewählt und aggregiert wird.

 

Dieses Dilemma zeigt, dass noch nicht alle Probleme in der Visualisierung gelöst sind. Visual Analytics ist eine junge Teildisziplin der Datenvisualisierung. Die eingesetzten Techniken und Tools entwickeln sich rasch weiter. Ziel ist die stark visuell unterstützte Analyse von  

  • heterogen Daten aus verschiedensten Quellen,
  • poly- oder unstrukturierter Daten oder
  • hoch dynamischer Daten.

 

Fazit

Schnelle Informationsgewinnung erfordert die Kombination der menschlichen Fähigkeiten, dem Spezial­wissen der Analysten, den neuen Technologien der Datengewinnung, und den enormen Speicher­kapazitäten und hohen Rechenleistungen moderner Computersysteme.

 

Der Mensch kann seiner Rolle in diesem Zusammenspiel aber nur gerecht werden, wenn er die relevanten Informationen in der Datenflut erkennt. Die Grundidee der Datenvisualisierung ist eine Darstellung, die es dem Menschen erlaubt, einen Einblick in die Struktur der Daten zu bekommen, Informationen zu erkennen, Schlussfolgerungen aus den Daten zu ziehen und Entscheidungen zu fällen.

 

Datenvisualisierung wird insbesondere in der Analyse großer Datenmengen, komplexer Datenstrukturen oder von Echtzeit-Daten genutzt. Beispielsweise werden Auffälligkeiten leicht erkennbar und strukturelle Änderungen und Tendenzen sind gleichsam abzulesen.

 

Je nach Art, Struktur und Volumen der Daten und der Zielsetzung der Berichte und Analysen sind jedoch andere Visualisierungs-formen notwendig. Mit neuen Analyseanforderungen entstehen neue Visualisie­rungsanforderungen und –formen. Im Big Data-Umfeld werden verstärkt neue Analyse- und Visualisierungstools entwickelt, die die Interaktion mit dem Analysten unterstützen und seine Fähigkeiten bewusst in die Informationsentdeckung einbeziehen (Visual Analytics oder Visual Data Exploration).